Der große Traum Schauspielerei

„Nur als sie meinten „Träum mal weiter“, hab‘ ich weiter geträumt“

aus „King“ von Kool Savas

Die Schauspielerei fasziniert mich seit meiner Kindheit

Jörg Hube liest Die Pfingstorgel, Christl Diwischek begleitet musikalisch

Ich war 7 Jahre alt als ich zum ersten Mal mit einem richtigen Schauspieler sprechen konnte.
Nach der Aufführung der „Pfingstorgel“ in Frasdorf in der Lamstoahalle, die meine Mutter als Organistin musikalisch begleitete, konnte ich ein paar Worte mit Jörg Hube (†) wechseln. Ich kann mich genau erinnern, dass er mir damals eindringlich von der Schauspielerei abgeraten hat, als ich meinen Traum mitteilte, später einmal Schauspieler zu werden.
Ich solle lieber etwas Anständiges lernen. Ich konnte mir damals überhaupt nicht vorstellen, was an diesem Beruf schlecht sein könnte. Heute weiß ich natürlich mehr, ohne wirklich in diesem Bereich Fuß gefasst zu haben. Die Schauspielbranche ist ein unglaublich hartes Pflaster und hat hinter den Kulissen selten etwas von dem Glamour, der gerne bei Preisverleihungen inszeniert wird. Das ist alles Makulatur. Und trotzdem scheint die Schauspielerei im Kern eine Leidenschaft zu erfordern, die unzählige Menschen in den Bann zieht.
Ende der 90er habe ich mit meiner Digital8-Videokamera alles aufgezeichnet, was mir vor die Linse kam. Bei einer Geburtstagsfeier war Maximilian Brückner bei uns zu Gast in unserer guten Stube und streichelte unseren Hund Moritz.
Ab 2001 absolvierte er auf der renommierten Otto-Falckenberg-Schule eine Schauspielausbildung. „Männer wie wir“ habe ich mir 2004 ganz allein im Ansbacher Kino angesehen und war verblüfft, dass er es nun also tatsächlich auf die Leinwand geschafft hatte. Seither habe ich seine Schritte in der Branche gerne beobachtet. Als ich Maximilian Brückner bei den Dreharbeiten zu Hindafing 2 auf dem Bavaria Filmgelände als Komparse wieder traf, konnte er mich auf Anhieb zuordnen, obwohl er mich bestimmt über 15 Jahre nicht mehr gesehen hatte. Man merkte ihm an, dass er sich nicht scheut, dem Regisseur Vorschläge zu machen oder ihn spüren zu lassen, wenn er etwas anders umsetzen würde. Ich war hellauf begeistert, in den fertigen Aufnahmen aber dann leider kaum zu erkennen.

Kurzer Ausschnitt aus hindafing 2

Nun wird man aber nicht durch zwei Begegnungen mit Schauspielern gleich heiß auf den Job. Neben großen Blockbustern war ich auch immer wissbegierig, wie die deutsche Film- und Serienlandschaft funktionierte.

Ein Herz für Daily Soap-Darsteller


Während meinem Praktikum bei Radio Galaxy in Rosenheim wurde ich auch mal zu einer Veranstaltung rund um die Rosenheim Cops geschickt, vermutlich im Frühjahr 2002. Zu meiner Überraschung waren dort im Kino CITYDOME auch Marienhof-Darsteller für Moderationen etc. eingesetzt. Leonore Capell und Michael Jäger in die Augen sehen zu können, war für mich damals etwas ganz Besonderes und Neues. Dass ich in dem Moment völlig „star struck“ war, fiel Jäger auf, denn er machte prompt einen lockeren Spruch im Sinne von „Ja, der bin ich wirklich.“ Auch Daily Soap-Darsteller ernteten damals meinen Respekt. Wenn es Einblicke hinter die Kulissen gab, malte ich mir aus, wie ich so einen Arbeitsalltag wohl bewältigen würde. Als Komparse war ich dann auch mal am Set von „Sturm der Liebe“ und konnte dabei Topmodel und Dschungelcamperin Larissa Marolt beobachten, wie sie routiniert ihre Szenen aufgenommen hat. Sie hatte natürlich keine Zeit für uns Komparsen.
Durch einige Zufälle hatte ich auch die Ehre, die Trauung von Tobias Rosen zu besuchen. Er hat sich erfolgreich vom Darsteller zum Produzenten entwickelt. Ich glaube nicht, dass ich ihm in der kurzen Zeit vermitteln konnte, dass ich ihn auch um seine Erfolge als Daily Soap-Darsteller beneidete. Ich verstehe nicht ganz, warum die Branche hier so knallhart Stempel verteilt und in Schubladen denkt. Til Schweiger wird wohl eine der großen Ausnahmen bleiben.

Vor der Kamera im Studium


Im Multimedia und Kommunikation-Studium habe ich mich bereitwillig für Kurzfilme und Studienarbeiten mit der Kamera angeboten, vor und hinter der Linse. Ich gewann keine Preise für meine Ambitionen, aber bei der Kurzfilmnacht gab es doch die Rückmeldung, dass die Häufigkeit meiner Auftritte aufgefallen sei. Zu erwähnen sind hier für Insider „Irren ist tödlich“ und „A Story Never Told“.
Als ich mich dann 2008 selbstständig machte, wurde der Traum von der Schauspielerei immer unrealistischer. Ich hätte mich ja bei Schauspielschulen bewerben können, aber das solidere Studium mit vernünftigen Perspektiven für meine berufliche Zukunft war ganz klar „MuK“ an der HS Ansbach.

Die Komparserie – Wenige Sekunden Fame

Ab 2017 dann wurden meine eingeschlafenen Ambitionen neu geweckt. Anfangs wollte ich mich einfach nur beim Frankentatort als Komparse bewerben, doch dann landete ich dadurch in der Datenbank einer Münchner Komparsenagentur und bekam auch weitere Angebote, meistens für Drehs in München und Umgebung. Mein erster Auftritt im Kinofilm „Trautmann“ hat mich dann vollends für die Komparserie begeistert. Für mehrere Jahre nahm ich einige Gelegenheiten wahr, auf diese Weise echte Film- und Serienluft schnuppern zu können. Als Komparse muss man zwar in Kauf nehmen, dass man zur untersten Kaste am Set gehört. Doch die Begegnungen mit Darstellern, Produzenten und Regisseuren – sind sie auch nur zufällig und beiläufig – werden dann zu unvergesslichen Erinnerungen.

Trautmann war der Auftakt und eigentlich auch gleichzeitig der Höhepunkt dieser ganzen Komparsen-Laufbahn. Kein anderer Job danach war je wieder so aufregend. Ich stand in einer Szene direkt neben Hauptdarsteller David Kross. Auch im offiziellen Trailer war genau diese Aufnahme für wenige Sekunden zu sehen. Dadurch landete das Bild auch im Bericht der tagesthemen und auf der Leinwand beim 40. Bayerischen Filmpreis 2018. Zur Begegnung mit Regisseur Marcus H. Rosenmüller komme ich später noch einmal.

Im Häftlingskostüm, im Aufenthaltszelt… am Set zu „Trautmann“
Ausschnitte aus Trautmann – Oft bin ich nur schwer zu erkennen oder im Hintergrund…

Acting Workshop = Schauspielschule?

Im Januar 2019 kam dann von der Agentur per Mail eine Einladung zu einem Workshop mit Schauspieler Daniel Urban.

Urban Acting
Workshop mit Daniel Urban im Juli 2019

Das spannende Wochenende in München bildete den Auftakt zu mehreren Workshops rund um’s Spiel vor der Kamera. Besonderen Schwerpunkt legt Daniel Urban auf Wahrhaftigkeit und psychologisch-realistische Schauspieltechniken, u. a. die Meisner-Methode. Man soll sich im Hier und Jetzt dem „Wahrspieler“ nähern. Dabei können durchaus auch mal Tränen fließen, wenn mit eigenen Erfahrungen und möglichen Verletzungen konfrontiert wird.

Camera Acting-Workshop im April 2019

Gleichzeitig überwindet man sich zu Übungen, die überraschen, emotionalisieren und befreien. Eine Schauspielausbildung können ein paar Workshop-Tage natürlich nicht wett machen, jedoch können sie erste Eindrücke vermitteln, worum es dem Schauspieler letztlich geht: Wahrhaftigkeit im Schauspiel. Echte Emotionen in einer fiktionalen Umgebung oder Rahmenhandlung.

Buch-Tipps

Literatur, die ich mir in dieser Zeit besorgt habe:

Truth, Susan Batson (amazon.de-Link, jedoch kein affiliate)
The Power of the Actor, Ivana Chubbuck (amazon.de-Link, jedoch kein affiliate)

Ich hatte mir durch die Teilnahme einiges versprochen. Es kam dann auch endlich zu einer Buchung für eine Kleindarsteller-Rolle, jedoch auch wieder ohne Text. Die Gage war aber endlich etwas besser und mein Spiel nicht unscharf im Hintergrund zu sehen, sondern so wahrnehmbar, dass mich Bekannte nach der Ausstrahlung in der ARD anriefen.
Die Rolle war eine Art Fußball-Manager-Assistent in der Serie „Toni, männlich, Hebamme“. Gedreht wurde im Juli 2019.

Toni, männlich, Hebamme (ARD)

Das Ende der Komparsenkarriere

Erst im Frühjahr 2020, zu Beginn der Corona-Krise, fing ich an, meine Karriere als Komparse in Frage zu stellen. Zum Fitting und Butler-Training für den Felix Krull-Film bin ich noch nach München gefahren. Doch es kam zu Unstimmigkeiten und ich löschte meinen Eintrag in der Datenbank. Der Aufwand stand einfach nicht mehr im Verhältnis zu dem, was ich davon hatte. Mindestlohn-Gagen, nie eine Zeile Text, meistens ein Draufzahl-Geschäft durch Bahn-Tickets und Hotel-Übernachtungen… das war auf die Dauer einfach zu viel. Ich möchte nicht ausschließen, dass ich mich eines Tages wieder dort anmelde. Meine Hoffnung war auch, mal im Frankentatort oder bei anderen Produktionen in Franken mitzumischen.

Regisseure – Idole aus der Filmszene

Marcus H. Rosenmüller und Franz Diwischek
11. März 2019, Kino-Tour Trautmann, Regisseur Marcus H. Rosenmüller und die Komparsen

Marcus H. Rosenmüller ist einer der nettesten Regisseure. Er nahm sich bei einer Trautmann-Kino-Tour (Cinecitta Nürnberg) nach der Aufführung noch Zeit, um mit den Komparsen zu plaudern und Autogramme zu geben. Das passiert nicht oft. So entstand eine tolle Erinnerung, nicht nur am Set.

Für mich ist James Cameron der weltweit beeindruckendste, weil perfektionistischste Regisseur. Seine Blockbuster machen neugierig auf Making Of-Dokumentationen und Hintergrundberichte, auch in Buch-Form. Ich bin Fan.

Irgendwie verbunden fühle ich mich auch mit Werner Herzog. Viel zu spät habe ich in Erfahrung gebracht, dass er in einem Haus wenige 100 Meter entfernt von dem meines Onkels in Sachrang und ca. 10 km weit weg von meinem Elternhaus aufwuchs. Er spricht immer wieder davon, wie ihn die karge Nachkriegszeit in diesem Dorf prägte. Aufmerksam verfolgt habe ich seine Dokumentarfilme, die Masterclass und diverse Biografien mit Wissbegier gelesen. Einmal ein Wort mit ihm wechseln?
Ich träume weiter…